Arbeitsbescheinigung – Beantragung, Fristen und Arbeitgeberpflichten im Überblick

Die Arbeitsbescheinigung ist ein zentrales Dokument im Übergang zwischen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit. Sie wird von der Bundesagentur für Arbeit benötigt, um über den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu entscheiden. Arbeitgeber sind verpflichtet, sie unter bestimmten Voraussetzungen auszustellen. Dieser Beitrag erläutert, wann die Arbeitsbescheinigung erforderlich ist, welche Inhalte sie umfasst, welche Fristen gelten und wie sie korrekt beantragt und übermittelt wird.
Was ist eine Arbeitsbescheinigung und wofür wird sie benötigt?
Die Arbeitsbescheinigung ist ein standardisiertes Formular der Bundesagentur für Arbeit, das vom Arbeitgeber nach Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses ausgefüllt werden muss. Sie dient als Nachweis der Beschäftigungszeiten und Einkommensverhältnisse, um den Anspruch auf Arbeitslosengeld prüfen zu können.
Die Arbeitsagentur verwendet die Angaben, um zu ermitteln:
- Ob ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht
- In welcher Höhe dieser Anspruch gewährt wird
- Für welchen Zeitraum Leistungen gezahlt werden können
Beispiel: Verlässt ein Arbeitnehmer nach drei Jahren Beschäftigung das Unternehmen und beantragt Arbeitslosengeld, prüft die Arbeitsagentur anhand der Arbeitsbescheinigung das bisherige Einkommen, den Beschäftigungszeitraum und die Sozialversicherungspflicht.
Rechtliche Grundlagen
Die Verpflichtung zur Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung ergibt sich aus dem Sozialgesetzbuch:
- § 312 SGB III – regelt die Bescheinigungspflicht bei Antrag auf Arbeitslosengeld (ALG I)
- § 57 SGB II – regelt die Bescheinigungspflicht bei Antrag auf Bürgergeld (ehemals ALG II)
Diese Paragrafen schreiben vor, dass Arbeitgeber auf Anforderung der Arbeitsagentur oder des Arbeitnehmers die Bescheinigung unverzüglich auszustellen haben.
Unterschied zwischen Arbeitsbescheinigung ALG I und ALG II
Es gibt zwei Varianten des Formulars:
- Arbeitsbescheinigung nach SGB III § 312 – für den Antrag auf reguläres Arbeitslosengeld (ALG I)
- Arbeitsbescheinigung nach SGB II § 57 – für den Antrag auf Bürgergeld
Beide Formulare enthalten ähnliche Angaben, unterscheiden sich jedoch im Rechtsrahmen und im Verwendungszweck.
Inhalt einer Arbeitsbescheinigung
Typische Angaben im Formular sind:
- Daten des Arbeitgebers und des Betriebs
- Persönliche Angaben des Arbeitnehmers
- Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses
- Art der Tätigkeit und Arbeitszeitumfang (Vollzeit, Teilzeit, Minijob)
- Entgeltangaben und Sonderzahlungen (z. B. Abfindungen, Boni)
- Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungszeiten
- Kündigungsgrund und Einhaltung der Kündigungsfristen
Wichtig: Unvollständige oder fehlerhafte Angaben können zu Verzögerungen bei der Leistungsbewilligung führen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: Arbeitsbescheinigung beantragen
- Arbeitgeber informieren: Arbeitnehmer können die Bescheinigung formlos anfordern.
- Anforderungsschreiben verfassen: Kurz und präzise formulieren, um welche Art der Bescheinigung es sich handelt (ALG I oder Bürgergeld).
- Frist setzen: Zwei Wochen sind in der Praxis üblich.
- Erinnerung versenden: Falls der Arbeitgeber nicht reagiert.
- Arbeitsagentur einschalten: Diese kann die Anforderung offiziell vornehmen.
- Rechtliche Schritte erwägen: Bei Verweigerung kann eine Klage eingereicht werden.
Fristen für die Ausstellung
Das Gesetz legt keine verbindliche Frist für die Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung fest. Dennoch gibt es in der Praxis klare Erwartungen seitens der Bundesagentur für Arbeit. Arbeitgeber sollten die Bescheinigung so schnell wie möglich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstellen und übermitteln, um Verzögerungen bei der Leistungsbewilligung zu vermeiden.
In der Praxis gilt:
- Die Arbeitsagentur setzt häufig Fristen von zwei bis vier Wochen.
- Arbeitnehmer können in ihrem Anforderungsschreiben eine eigene Frist setzen, meist zwei Wochen.
- Bei Nichtausstellung kann ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro verhängt werden.
- Eine verspätete Abgabe kann zu Verzögerungen bei der Auszahlung des Arbeitslosengeldes führen.
Es empfiehlt sich, die Bescheinigung direkt bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fertigzustellen und zu versenden. So wird sichergestellt, dass die Agentur alle notwendigen Informationen zeitnah erhält und der Arbeitnehmer keine finanziellen Nachteile erleidet.
Übermittlungswege: Papier und Online
Die Arbeitsbescheinigung kann auf zwei Wegen an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt werden: in klassischer Papierform oder auf elektronischem Weg. Bei der Papierform füllt der Arbeitgeber das offizielle Formular vollständig aus, druckt es aus und sendet es per Post an die zuständige Arbeitsagentur. Dies ist nach wie vor ein gängiger Weg, insbesondere bei kleineren Unternehmen ohne spezialisierte Lohnsoftware.
Die elektronische Übermittlung erfolgt entweder über ein zertifiziertes Lohn- und Gehaltsabrechnungsprogramm oder über das Portal sv.net, das von der Sozialversicherung bereitgestellt wird. Diese digitale Variante bietet den Vorteil einer schnellen und sicheren Datenübertragung, wodurch Bearbeitungszeiten deutlich verkürzt werden können. Bei einer elektronischen Übermittlung erhalten Arbeitnehmer zusätzlich eine Papierkopie zur Kontrolle und für ihre eigenen Unterlagen. Der Versand per unverschlüsselter E-Mail ist aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig und sollte unbedingt vermieden werden.
Sonderfälle und Beispiele
- Minijob: Auch hier ist eine Arbeitsbescheinigung nötig, wenn Arbeitslosengeld beantragt wird.
- Saisonarbeit: Bei mehrfachen Beschäftigungen im Jahr sind mehrere Bescheinigungen notwendig.
- Kündigung in der Probezeit: Bescheinigungspflicht besteht unabhängig von der Dauer der Beschäftigung.
- Elternzeit oder Pflegezeit: Beschäftigungsunterbrechungen müssen ebenfalls korrekt vermerkt werden.
Häufige Fehler und ihre Korrektur
Bei der Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung können Fehler auftreten, die für Arbeitnehmer zu erheblichen Verzögerungen oder finanziellen Nachteilen führen können. Häufig kommt es beispielsweise vor, dass Entgeltangaben unvollständig sind oder falsche Zeiträume eingetragen werden. Auch eine unpräzise oder unzutreffende Angabe des Kündigungsgrundes kann Rückfragen seitens der Arbeitsagentur auslösen.
Arbeitgeber haben jedoch jederzeit die Möglichkeit, fehlerhafte Bescheinigungen zu korrigieren. In der Praxis geschieht dies am einfachsten durch eine direkte Kontaktaufnahme mit der zuständigen Sachbearbeitung der Arbeitsagentur. Es ist nicht zwingend notwendig, das gesamte Formular erneut einzureichen; oft reicht es aus, die fehlenden oder geänderten Informationen schriftlich nachzureichen. Wichtig ist, dass Korrekturen zeitnah erfolgen, um die Leistungsbewilligung für den Arbeitnehmer nicht zu verzögern.
Datenschutz und sichere Übertragung
Da eine Arbeitsbescheinigung zahlreiche sensible personenbezogene Daten enthält, gelten bei der Übermittlung strenge Datenschutzanforderungen. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Bescheinigung ausschließlich über verschlüsselte und geprüfte Übertragungswege zu versenden. Zulässige Methoden sind unter anderem der Versand über systemgeprüfte Lohnabrechnungssoftware oder das offizielle Portal sv.net.
Der Versand per einfacher E-Mail oder auf ungesicherten Datenträgern ist dagegen nicht gestattet, da hierbei das Risiko eines unbefugten Zugriffs auf die Daten besteht. Auch die Bundesagentur für Arbeit muss ihre Rückmeldungen an Arbeitgeber oder Arbeitnehmer über gesicherte Kanäle versenden. Durch die Einhaltung dieser Vorgaben wird sichergestellt, dass die sensiblen Daten vor Missbrauch und unberechtigtem Zugriff geschützt bleiben.
Arbeitslosengeld ohne Arbeitsbescheinigung
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn die Arbeitsbescheinigung noch nicht vorliegt. In solchen Fällen kann die Arbeitsagentur eine vorläufige Leistungsbewilligung aussprechen, um die finanzielle Absicherung der betroffenen Person zu gewährleisten.
In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass die Bearbeitung ohne vollständige Unterlagen verzögert wird. Arbeitnehmer sollten deshalb aktiv darauf hinwirken, dass die Bescheinigung so schnell wie möglich vorliegt, und gegebenenfalls die Arbeitsagentur auf ihre Pflicht zur vorläufigen Entscheidung hinweisen. Bei Schwierigkeiten kann auch rechtliche Unterstützung, beispielsweise durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, hilfreich sein, um die Auszahlung zeitnah zu sichern.
Weitere relevante Unterlagen beim Offboarding
Die Arbeitsbescheinigung ist nicht das einzige Dokument, das im Rahmen des Austritts eines Mitarbeiters aus einem Unternehmen erstellt werden muss. Für einen reibungslosen Übergang und eine vollständige Dokumentation sollten Arbeitgeber parallel auch andere wichtige Unterlagen bereitstellen. Dazu zählen:
- Arbeitszeugnis
- Lohnsteuerbescheinigung
- Resturlaubsbescheinigung
- Sozialversicherungsmeldung
Die Arbeitsbescheinigung ist nicht das einzige Dokument, das im Rahmen des Austritts eines Mitarbeiters aus einem Unternehmen erstellt werden muss. Für einen reibungslosen Übergang und eine vollständige Dokumentation sollten Arbeitgeber parallel auch andere wichtige Unterlagen bereitstellen.
FAQ zur Arbeitsbescheinigung
Muss ich die Arbeitsbescheinigung selbst an die Arbeitsagentur schicken?
Nein, in der Regel übermittelt der Arbeitgeber sie direkt. Eine Kopie sollte Ihnen zur Kontrolle vorliegen.
Kann ich eine Arbeitsbescheinigung rückwirkend beantragen?
Ja, auch für vergangene Beschäftigungsverhältnisse innerhalb der letzten 12 Monate.
Was tun, wenn der Arbeitgeber sich weigert?
Arbeitsagentur einschalten oder rechtliche Schritte einleiten.
Fazit
Die Arbeitsbescheinigung ist für den Bezug von Arbeitslosengeld unverzichtbar. Arbeitgeber sind verpflichtet, sie auf Anforderung zeitnah und korrekt auszustellen. Eine vollständige und fehlerfreie Bescheinigung erleichtert die Bearbeitung durch die Arbeitsagentur und vermeidet finanzielle Nachteile für den Arbeitnehmer.