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Arbeitszeit­erfassungs­pflicht: Das Ende der Vertrauens­arbeitszeit?

EuGH Urteil zur Zeiterfassung

 

 

Man hört es immer wieder: Die Vertrauensarbeitszeit sei das Arbeitszeitmodell der Zukunft. Doch nun könnte das Ende dieses Modells eingeläutet werden. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil C-55/18 entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen. Obwohl Deutschland das Urteil noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat, hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil (1 ABR 22/21) die Verpflichtung zur Einführung eines solchen Systems bestätigt. Die Begründung des Urteils ist zwar noch nicht veröffentlicht, doch Arbeitgeber haben bereits konkrete Handlungspflichten zur Umsetzung des Urteils. Arbeitszeiterfassungssysteme sind in vielen Unternehmen längst Standard. Doch in Deutschland gibt es seit geraumer Zeit eine Debatte darüber, ob Arbeitgeber dazu verpflichtet werden sollten, solche Systeme einzuführen. Ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 2019 fordert dies zwar ein, doch eine nationale Umsetzung steht noch aus. Nun hat das BAG ein Urteil gefällt, das Arbeitgeber zur Einführung eines solchen Systems verpflichtet. Doch was bedeutet das genau für Unternehmen? In diesem Blog-Post wollen wir einen genaueren Blick auf die Entscheidungen werfen und erläutern, welche Handlungspflichten Arbeitgeber nun haben.

Welche inhaltlichen Vorgaben gibt das EuGh-Urteil vor?

Das EuGH-Urteil vom 14.05.2019 hat eine bedeutende Veränderung im Bereich der Arbeitszeitdokumentation eingeleitet. Es betrifft Arbeitgeber in der gesamten Europäischen Union und gibt inhaltliche Vorgaben vor, die von allen Unternehmen einzuhalten sind.

 

Das Urteil besagt, dass Arbeitgeber ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Messung der täglichen Arbeitszeit einrichten müssen. Dieses System soll sicherstellen, dass die Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfasst und dokumentiert wird. Das Ziel ist eine Überwachung der Einhaltung von Mindestruhezeiten und Höchstarbeitszeiten.

 

Doch das alleinige Dokumentieren von Überstunden reicht nicht aus. Die tägliche Arbeitszeit muss von Beginn bis zum Ende aufgezeichnet werden. Dazu gehören auch Pausen, Arbeitsunterbrechungen und Arbeitswege. Eine lückenlose Dokumentation ist somit erforderlich.

 

Trotz dieser klaren Vorgaben hat der deutsche Gesetzgeber bisher keine Umsetzung des EuGH-Urteils vorgenommen. Es bleibt also abzuwarten, welche konkreten Maßnahmen von Seiten des Gesetzgebers ergriffen werden, um das EuGH-Urteil in deutsches Recht umzusetzen.

Sollte der Gesetzgeber aktiv werden?

Der Gesetzgeber sollte für Rechtssicherheit sorgen und klare Regeln für die Zeiterfassung aufstellen. Denn bisher gibt es noch keine einheitliche Lösung, wie die Erfassung erfolgen soll.

 

Eine unbürokratische Arbeitszeiterfassung ist geplant. Es sollen digitale Lösungen entwickelt werden, die einfach und schnell zu bedienen sind. Dabei müssen jedoch auch datenschutzrechtliche Aspekte berücksichtigt werden.

 

Das Ziel der Arbeitszeiterfassung ist, das Spannungsverhältnis zwischen modernen Arbeitskonzepten und Arbeitsschutz zu lösen. Denn gerade bei flexiblen Arbeitszeitmodellen wie der Vertrauensarbeitszeit besteht die Gefahr, dass Arbeitnehmer:innen Überstunden machen oder nicht ausreichend Pausen einlegen. Eine Arbeitszeiterfassung kann hier für mehr Transparenz und Kontrolle sorgen.

 

Doch es gibt auch Kritik an der Einführung einer verpflichtenden Arbeitszeiterfassung. Arbeitgeberverbände befürchten einen erhöhten bürokratischen Aufwand und eine Einschränkung der Flexibilität. Zudem wird argumentiert, dass eine solche Erfassung nicht zwangsläufig zu einem besseren Arbeitsschutz führen müsse.

Wird es weiterhin Vertrauensarbeitszeit geben?

Die gute Nachricht ist: Ja, die Vertrauensarbeitszeit bleibt möglich. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil im Mai 2019 entschieden, dass Arbeitgeber zwar den Umfang der Arbeitszeit vorgeben können, die Einteilung jedoch eigenständig bleibt. Das bedeutet, dass Mitarbeiter weiterhin die Freiheit haben, ihre Arbeitszeit so zu gestalten, wie es für sie am besten passt.

 

Allerdings hat das BAG lediglich das "Ob" der Zeiterfassung vorgegeben. Das "Wie" bleibt den Unternehmen überlassen. Das bedeutet, dass Arbeitgeber selbst entscheiden können, ob sie die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter weiterhin auf Vertrauensbasis regeln oder ob sie eine Zeiterfassung einführen möchten.

 

Dennoch sollten Arbeitgeber den Arbeitsschutz im Blick behalten. Durch die Vertrauensarbeitszeit können Mitarbeiter dazu verleitet werden, länger zu arbeiten als gesundheitlich vertretbar. Hier sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter sensibilisieren und auf die Einhaltung der Arbeitszeit achten.

 

Eine genaue Nachvollziehbarkeit der Arbeitszeit kann zu Beschränkungen oder höheren Forderungen führen. Wenn Arbeitgeber eine Zeiterfassung einführen, kann dies zu einer Einschränkung der Freiheit der Mitarbeiter führen. Außerdem kann eine genaue Erfassung der Arbeitszeit dazu führen, dass Mitarbeiter höhere Forderungen stellen, wenn sie Überstunden leisten.

Welche Regelungsansätze des deutschen Gesetzgebers sind erwartbar?

Ein erster Schritt ist bereits getan: Der Gesetzgeber kann sich an Paragraph 6 GSA Fleisch oder dem Referentenentwurf des BMAS orientieren. Diese geben klare Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung und sollen für mehr Transparenz und Kontrolle sorgen. Arbeitgeber müssen laut den Regelungen Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit elektronisch aufzeichnen. Die Aufzeichnungen müssen manipulationssicher und elektronisch aufbewahrt werden, um Missbrauch vorzubeugen. Ein weiterer Aspekt des Referentenentwurfs zum MAG (Mindestarbeitsbedingungengesetz) ist die Delegation der Aufzeichnungspflicht auf Arbeitnehmer:innen. Das bedeutet, dass diese die Verantwortung für die Erfassung ihrer Arbeitszeiten selbst übernehmen können. Eine solche Regelung würde die Arbeitgeber entlasten und zugleich die Selbstbestimmung der Arbeitnehmer:innen stärken.



Regelungen zur Arbeitszeiterfassung für Geschäftsführer

Was haben Arbeitgeber nun zu tun?

Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2019 haben Arbeitgeber nun eine klare Vorgabe erhalten: Sie müssen ein System zur Zeiterfassung einführen. Diese Entscheidung hat auch Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, denn das deutsche Arbeitszeitgesetz sieht bereits seit 1994 eine Dokumentationspflicht vor.

 

Doch was bedeutet das nun konkret für Arbeitgeber? Zunächst einmal müssen sie ein System zur Zeiterfassung einführen, das objektiv, verlässlich und zugänglich ist. Das bedeutet, dass es für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich sein muss, ihre Arbeitszeit zu dokumentieren. Auch müssen die Daten sicher aufbewahrt werden, um Missbrauch und Manipulation zu verhindern.

 

Für Arbeitgeber, die bisher noch kein Zeiterfassungssystem nutzen, bedeutet dies eine Umstellung. Doch auch Unternehmen, die bereits ein System zur Arbeitszeiterfassung haben, sollten überprüfen, ob dieses den Anforderungen entspricht. Hier ist es wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das System auch tatsächlich nutzen und dass es zuverlässige Daten liefert.

 

Die konkrete Ausgestaltung des Zeiterfassungssystems wird jedoch erst durch die Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts klarer werden. Hier ist es wichtig, dass Arbeitgeber die Entscheidung des EuGH genau verfolgen und sich gegebenenfalls anwaltlich beraten lassen, um auf der sicheren Seite zu sein.

 

 

Sollte der Betriebsrat eingebunden werden?

Grundsätzlich gibt es kein Initiativrecht oder betriebliches Mitbestimmungsrecht für Betriebsräte in Bezug auf Arbeitszeiterfassungssysteme. Dennoch empfiehlt es sich, die Betriebsräte und Gewerkschaften frühzeitig in den Prozess einzubinden. Denn auch wenn keine direkten Rechte bestehen, unterliegt die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassungssysteme der Mitbestimmung der Betriebsräte.

 

Besonders wichtig ist es, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge bei der Einführung von Arbeitszeiterfassungssystemen anzupassen. Hierbei sollten die Betriebsräte frühzeitig einbezogen werden, um mögliche Konflikte zu vermeiden.

 

Die Ausgestaltung der Zeiterfassungssysteme kann ebenfalls unter Mitbestimmung der Betriebsräte erfolgen. Doch warum ist die Einbindung der Betriebsräte so wichtig? Zum einen sind sie die Interessenvertretung der Arbeitnehmer und können somit deren Interessen bei der Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassungssysteme vertreten. Zum anderen können sie durch ihre Erfahrung und ihr Fachwissen wertvolle Impulse für die Gestaltung der Systeme geben.

 

 

Welche Konsequenzen drohen?

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BAG) vom Mai 2019 hat weitreichende Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Arbeitsschutzbehörden können nun Zeiterfassungssysteme einfordern, um die Einhaltung der Arbeitszeiten zu überprüfen. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter somit genau dokumentieren und überwachen, um Verstöße gegen die Arbeitszeitregelungen zu vermeiden. Dabei können sie auf unterschiedliche Systeme zurückgreifen, wie z.B. Stundenzettel oder digitale Zeiterfassungstools.

 

Die Einhaltung von Arbeitszeiten wird verstärkt in Compliance-Systeme integriert. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie alle gesetzlichen Anforderungen einhalten und keine Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen vorkommen.

 

Bei Verstößen müssen Arbeitgeber rechtzeitig einschreiten. Im Falle von Verstößen müssen Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen ergreifen, um weitere Verstöße zu verhindern.

 

Ein Verstoß gegen die Höchstarbeitszeit kann mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen ist somit nicht nur aus Arbeitsschutzgründen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen von großer Bedeutung.

 

 

Fazit

Vor einigen Jahren wurde ein EuGH-Urteil (C-55/18) gefällt, welches Arbeitgebern die Einführung von Arbeitszeitsystemen vorschreibt. Dieses Urteil ist bis heute noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden. Allerdings hat das BAG-Urteil (1 ABR 22/21) Arbeitgeber zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems verpflichtet, ohne jedoch die Begründung des Urteils zu veröffentlichen.

 

Diese Urteile haben konkrete Handlungspflichten zur Umsetzung zur Folge. Arbeitgeber müssen sich also mit der Einführung von Arbeitszeiterfassungssystemen auseinandersetzen. Sollten sie dieser Pflicht nicht nachkommen, drohen ihnen Konsequenzen wie Bußgelder oder sogar gerichtliche Verfahren.

 

 

 

 

 

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